Unter bestimmten Voraussetzungen werden bzw. können auch Zeiten vor der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge als Erfahrungszeit anerkannt werden und damit zu einer Zuordnung zu einer höheren als zur ersten Erfahrungsstufe führen. Bei diesen Zeiten muss unterschieden werden zwischen Zeiten, die zwingend anerkannt werden, und solchen, die anerkannt werden können.
Grundsätzlich werden alle diejenigen gleichwertigen hauptberuflichen Zeiten anerkannt, die der Beamte außerhalb eines Soldatenverhältnisses, im öffentlichen Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und ihren Verbänden verbringt. Diese Zeiten dürfen jedoch nur dann anerkannt werden, sofern sie nicht Voraussetzung für die Laufbahn sind.
Hauptberuflichkeit ist grundsätzlich dann gegeben, wenn sie entgeltlich geleistet wird, gewolltermaßen den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellt, in der Regel überwiegend die Arbeitskraft beansprucht und dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entspricht oder nahekommt. Dazu zählen auch Tätigkeiten mit weniger als der Hälfte der für Beamtinnen und Beamten geltenden Regelarbeitszeit, wenn sie nach den Lebensumständen des Betroffenen dessen Tätigkeitsschwerpunkt bilden.
Anders ist es, wenn z. B. eine Tarifbeschäftigte mit 15 Stunden beim Bund beschäftigt ist, daneben jedoch mit 25 Stunden ein eigenes Schreibbüro betreibt. Von einer Gleichwertigkeit ist auszugehen, wenn die Zeiten in ihrer Wertigkeit jedenfalls zum überwiegenden Teil der Funktionsebene des konkreten Dienstpostens entsprechen.
Beispiel 1:
Eine Bewerberin, die zur Regierungsrätin ernannt werden soll, war bislang als juristische Dezernentin bei der evangelischen Kirche mit einem Umfang von 15 Wochenstunden beschäftigt, ohne eine weitere Tätigkeit auszuüben. Eine Hauptberuflichkeit liegt vor.
Beispiel 2:
Ein Beamter der Besoldungsgruppe A 12 wird vom Land zum Bund versetzt. Beim Land hatte er den Aufstieg vom mittleren in den gehobenen Dienst absolviert. Dienstzeiten, die er in Ämtern der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes (BesGr. A 9 bis A 13) erbracht hat, sind als gleichwertige Zeiten i. S. d. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG anzurechnen.
Die in der niedrigen Laufbahngruppe erbrachten Dienstzeiten werden nicht automatisch als Erfahrungszeiten berücksichtigt, können jedoch als förderliche Zeiten anerkannt werden.
Beispiel:
Die mit der BAT II a bzw. E 13 vergütete Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Universitätslehrstuhl ist einer Tätigkeit in der Laufbahngruppe des höheren Dienstes gleichwertig. Durch das Fachkräftegewinnungsgesetz des Bundes vom 15. März 2012 wurde zudem die Anerkennung
als Erfahrungszeiten eingeführt. Dies macht den Dienstherrn Bundesrepublik Deutschland deutlich attraktiver für lebensjüngere Beamtinnen und Beamte, die bereits vor der Ernennung ein Kind erzogen oder nahe Angehörige gepflegt haben und für die diese Zeiten als Erfahrungszeit bei der beruflichen Tätigkeit im oben genannten Zeitraum berücksichtigt werden. Die gesamtgesellschaftlich gewollte Anerkennung von Kindererziehung und Pflege spiegelt sich somit in der Höhe der Besoldung wider.
Weiterhin werden Zeiten des Zivil- und Wehrdienstes grundsätzlich anerkannt, sofern sie in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis stehen.
Andere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, können ganz oder teilweise anerkannt werden. Eine Anerkennung ist möglich, sofern die Zeiten für die Verwendung förderlich sind. Dazu zählen besonders solche, die für die Wahrnehmung der künftigen Dienstaufgabe von konkretem Interesse sind.
Bei Soldaten werden alle Dienstzeiten nach der Soldatenlaufbahnverordnung anerkannt. Zeiten, die Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, werden demgegenüber nicht anerkannt. Dadurch soll eine Gleichbehandlung von Regellaufbahnbewerbern und Fachrichtungslaufbahnbewerbern erzeugt werden.
Beispiel:
Die hauptberufliche Beschäftigungszeit eines (juristischen) Referenten beim kommunalen Spitzenverband ist in der Regel für die Tätigkeit im höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes förderlich. Gleiches gilt für die nach Abschluss eines entsprechenden FH-Studiums in einem landschaftsarchitektonischen Planungsbüro erbachten hauptberuflichen Beschäftigungszeiten für eine entsprechende Tätigkeit im gehobenen technischen Verwaltungsdienst des Bundes.
Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können in besonderen Einzelfällen zur Deckung des Personalbedarfs als Erfahrungszeit anerkannt werden. Darüber muss eine Entscheidung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle erfolgen.
Insgesamt werden Anwärterzeiten nicht berücksichtigt.